Wann bekommt man Cannabis als Medikament?
October 29, 2023
Was ist Cannabis und wie wirkt es?
Cannabis wirkt hauptsächlich über die enthaltenen Cannabinoide. Hier sind die beiden Vertreter THC und CBD maßgebend. Dabei ist THC ein psychoaktives und noch illegales Cannabinoid, während CBD bereits frei verkäuflich ist und bspw. in vielen Hanfölen oder Hanfkapseln vorzufinden ist.
Cannabinoide wirken über das menschliche Endocannabinoid-System und können darüber zahlreiche Wirkweisen äußern. Leider ist die Forschung auf diesem Gebiet noch relativ schwach, weshalb sich nur wenige Aussagen zu eindeutigen Wirkweisen treffen lassen. In über 75 % aller Fälle erfolgt jedenfalls eine Cannabisverordnung aufgrund chronischer Schmerzen [1]. Weitere häufige Verschreibungsgründe sind:
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Tumore / Neubildungen
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Anorexie / Wasting
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Übelkeit
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Erbrechen
Wann bekommt man Cannabis als Medikament?
Es gibt keine genauen Angaben vom Gesetzgeber dazu, bei welchen Krankheiten medizinisches Cannabis verschrieben werden kann. Stattdessen werden maßgeblich drei Anforderungen gestellt, damit Cannabis verschrieben werden kann. Diese Anforderungen ergeben sich aus Abs. 6 in § 31 SGB V [2]. Unterscheiden muss man zudem zwischen einem Kassenrezept, bei welcher die gesetzlichen oder privaten Krankenkassen die Kosten übernehmen und einem Privatrezept, bei dem man selbst die Kosten übernimmt. Wir betrachten zuerst eine Cannabisverordnung mit Kostenübernahme.
Hier müssen drei Kriterien erfüllt werden. Anspruch auf eine Kostenübernahme der Cannabismedikation des Patienten besteht, wenn:
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Eine schwerwiegende Erkrankung besteht.
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Eine allgemein anerkannte und dem medizinischen Standard entsprechende Leistung
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nicht zur Verfügung steht oder
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im spezifischen Fall nach der Einschätzung des Arztes aufgrund der erwarteten Nebenwirkungen oder des individuellen Gesundheitszustandes nicht angewandt werden kann.
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Eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf eine spürbar positive Auswirkung auf den Krankheitsverlauf oder die schwerwiegenden Symptome besteht.
Du musst also eine schwerwiegende Krankheit aufweisen, welche deinen Alltag und deine Lebensqualität dementsprechend einschränkt. Zudem dürfen keine anderen Standardtherapien zufriedenstellend wirksam sein oder begründet nicht angewandt werden. Zu guter Letzt muss dein Arzt darlegen können, weshalb eine positive Wirkung zu erwarten ist. Sind diese Punkte erfüllt, kann ein Cannabisrezept mit Kostenübernahme ausgestellt werden.
Ansonsten hast du noch die Möglichkeit auf ein Privatrezept, hier gilt die Cannabismedikation als individuelle Gesundheitsleistung (IGeL-Leistung). Die Anforderungen hierfür ergeben sich aus § 13 BtMG [3]. Demnach muss der Arzt begründen, weshalb medizinisches Cannabis im individuellen Fall therapeutisch sinnvoll sein soll. Zusätzlich muss medizinisch begründbar sein, dass eine positive Wirkung besteht, der Arzt muss also für die jeweilige Krankheit bzw. die vorliegenden Symptome entsprechende Forschungsergebnisse nachweisen können. Dann müssen jedoch oftmals nicht nur die Kosten für die Cannabismedikamente selbst getragen werden, sondern auch die Kosten für den Arztbesuch.
Häufige Ablehnungsgründe für ein Cannabisrezept mit Kostenübernahme
Leider erfahren viele Patienten eine Ablehnung ihres Gesuchs auf Kostenübernahme, sei es vonseiten der gesetzlichen oder privaten Krankenkassen. Hier wird oftmals aufgeführt, dass die zur Verfügung stehenden Standardtherapien nicht ausreichend ausprobiert wurden. Ein häufiger Ablehnungsgrund besteht auch darin, dass die Krankenkassen keine ausreichende medizinische Grundlage für eine potenzielle Wirksamkeit von Cannabis bei der spezifischen Krankheit sehen.
Wird dein Gesuche auf Kostenübernahme abgelehnt, kann sich anwaltliche Hilfe lohnen. Diese können Widerspruch einlegen und somit das Widerspruchsverfahren starten. Wird dieses wieder abgelehnt, kann Klage beim zuständigen Sozialgericht eingereicht werden.
Privatversicherten steht nicht die Möglichkeit eines Widerspruchverfahrens zur Verfügung. Diese können erst über ein Ombudsmannverfahren probieren, eine Lösung mit der privaten Krankenkasse zu erzielen. Ansonsten kann Klage bei Zivilgerichten eingereicht werden, was jedoch entsprechende Kosten verursacht.
Bei welcher Krankheit bekommt man Cannabis verschrieben?
Wie bereits erwähnt, ist nicht eindeutig festgelegt, bei welchen Krankheiten medizinisches Cannabis verschrieben werden kann. Die häufigsten Verschreibungsgründe für medizinisches Cannabis haben wir bereits weiter oben genannt. Hinzu kommen potenzielle Einsatzbereiche wie die folgenden:
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Schlafstörungen [4]
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Epilepsie [5]
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ADHS [6]
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Tourette-Syndrom [7]
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Angststörungen [8]
Zu diesen Krankheiten liegt nicht ausreichend Forschung vor, um eine positive therapeutische Wirkweise zu belegen. Die wissenschaftliche Forschung kann Ärzten jedoch im Einzelfall als Grundlage ausreichen, um ein BTM-Rezept für Cannabis zu verordnen. Im Vergleich zu den bereits genannten Krankheiten herrscht noch mehr Diskussion zur Wirksamkeit von Medizinalcannabis bei folgenden Erkrankungen:
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Glaukom [9]
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Darmerkrankungen [10]
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Depressionen [11]
Leidest du an irgendeiner Krankheit, ist es wichtig, schnellstmöglich eine Behandlung zu starten. Darum empfehlen wir bei jeglichen Beschwerden einen klärenden Arzttermin. Dann kann dein Arzt darauf eingehen, ob Cannabis als eine sinnvolle Therapie erscheint oder nicht. Schlussendlich muss man also die Entscheidung darüber, ob Cannabis als Medikament hilfreich sein kann oder nicht, dem ärztlichen Fachpersonal überlassen.
Für was ist medizinisches Cannabis gut?
Medizinisches Cannabis kann für zahlreiche Zwecke sinnvoll sein. Im Einzelfall wird dein Arzt, der Cannabis verschreibt, evaluieren, ob positive Wirkweisen von medizinischem Cannabis bestehen. Mittlerweile gilt eine schmerzlindernde Wirkung als belegt, weshalb Medizinalcannabis am häufigsten bei chronischen Schmerzen verschrieben wird. Eine appetitstimulierende Wirkung gilt in Einzelfällen ebenfalls als belegt. Auch kann eine antiemetische Wirkung von Cannabinoiden ausgehen.
Oftmals wird Medizinalcannabis als ergänzende Therapie eingesetzt. Das heißt, dass die medizinischen Cannabinoide die Wirkweisen anderer Medikamente ergänzen oder die Nebenwirkungen anderer Therapieformen lindern sollen. So wird medizinisches Cannabis oft ergänzend zu Opiattherapien verwendet, damit geringere Mengen der Opiat-Analgetika eingenommen werden müssen [12]. Bei Chemotherapien kann Cannabis zudem helfen, den Appetit zu stimulieren oder Übelkeit und Erbrechen zu lindern.
Was kostet medizinisches Cannabis in der Apotheke?
Medizinisches Cannabis wird zurzeit nur von der Cannabisagentur (BfArM) an Apotheken verkauft. Diese hat ihren Preis am 01.07.2023 von 4,30 € pro Gramm auf 5,80 € je Gramm erhoben. In Apotheken kosten Cannabisblüten im Durchschnitt 22 € je Gramm. Darum betragen die durchschnittlichen Kosten einer Cannabistherapie etwa 600 € im Monat, teilweise sogar über 2000 €. Eine Kostenübernahme ist darum für die meisten Menschen zwingend notwendig, damit eine Cannabistherapie erfolgen kann. Übrigens: Eine Opiattherapie ist deutlich günstiger, was eine Schande ist, da hierdurch Patienten, die einer Cannabistherapie bedürfen, eher zu einer viel schädlicheren Opiattherapie verlockt werden.
Fazit: Wann bekommt man Cannabis als Medikament?
Hierzu gibt es keine genauen Angaben. Es müssen die oben genannten drei Voraussetzungen erfüllt sein, damit dein Arzt vor der Krankenkasse das Cannabisrezept mit Kostenübernahme begründen kann. Ohne die Kostenübernahme kann sich so gut wie niemand die dringend benötigte Cannabistherapie leisten. Bespreche also mit deinem Arzt, ob für deine Krankheit oder Symptome eine Cannabistherapie mit Kostenübernahme infrage kommt. Übrigens: Als Erfahrungswert verwehren öfter private Krankenkassen eine Kostenübernahme bei Cannabismedikation als die gesetzlichen Krankenkassen.
Wann bekommt man Cannabis als Medikament: Häufig gestellte Fragen
Bei welchen Krankheiten bekommt man Cannabis als Medikament?
Das ist nicht genau festgelegt. Stattdessen legt der Gesetzgeber nur fest, welche Kriterien die schwerwiegende Erkrankung mitsamt bestehenden Behandlungsmöglichkeiten erfüllen muss, damit eine Kostenübernahme infrage kommt. Leider nutzen Krankenkassen jedoch oft den dadurch entstandenen Spielraum aus und geben bspw. an, dass die bisherigen Standardtherapien nicht ausreichend ausprobiert wurden. Hierzu können zur Schmerzbehandlung bspw. Opiate gehören, weshalb viele Patienten leider erst Opiate ausprobieren müssen, bevor sie an medizinisches Cannabis kommen.
Kann ich mit medizinischem Cannabis ins Ausland verreisen?
Das hängt leider auch davon ab, in welches Land du verreisen willst und wie dort die Gesetzeslage ist. In Ländern, wo Medizinalcannabis erlaubt ist, darfst du mit deinen Medikamenten verreisen, wobei unterschiedliche Anforderungen erfüllt werden müssen. Für Länder im Schengener Abkommen benötigst du nur eine Bescheinigung vom Arzt. Ansonsten musst du leider die Bestimmungen des jeweiligen Landes befolgen, wir empfehlen hierfür einen Anruf beim Auswärtigen Amt.
Darf ich als Cannabispatient Auto fahren?
Ja, für Cannabispatienten ergeben sich Privilegierungen für den Straßenverkehr. Mehr dazu findest du in unserem Beitrag, ob Cannabispatienten Auto fahren dürfen.