Was ist der Unterschied zwischen medizinischem Cannabis und Cannabis?

Medizinisches Cannabis unterscheidet sich zum Teil stark von herkömmlichem Cannabis für den Freizeitgebrauch. Damit du nicht dazu verlockt wirst, herkömmliches Cannabis medizinisch einzusetzen, wollen wir hier die Unterschiede beleuchten. In jedem Fall gilt, dass eine richtige Cannabistherapie mit herkömmlichem Cannabis unmöglich ist. Das gilt auch für legalisierte Staaten.

Die Wirkweise von medizinischem Cannabis: Das Endocannabinoid-System

   

Die medizinische Wirkung von Cannabispräparaten geht vom Endocannabinoid-System aus. Mit diesem System wechselwirken die Phytocannabinoide der Hanfpflanze. Medizinisch bedeutsam sind dabei insbesondere die Cannabinoide Delta-9-Tetrahydrocannabinol (THC) und Cannabidiol (CBD). Interessant ist darüber hinaus die Erkenntnis, dass unser Körper über eigene Endocannabinoide wie Anandamid verfügt, welche Funktionen im Nervensystem übernehmen. 

Das Endocannabinoid-System erzielt seine Wirkweisen hauptsächlich über die Endocannabinoidrezeptoren, welche sich CB1- und CB2-Rezeptor nennen. Über diese Rezeptoren können Endocannabinoide weitere Botenstoffe im menschlichen Organismus beeinflussen. So scheinen Endocannabinoide eine Überaktivität der Neurotransmitter GABA, Glutamat oder Serotonin hemmen zu können [1, 2]. Praktisch ist zudem, dass Endocannabinoidrezeptoren in weiten Teilen des Körpers vorzufinden sind, weshalb eine dementsprechend ganzheitliche Wirkung erzielt werden kann. 

Die CB1-Rezeptoren finden sich vorwiegend auf Zellen des zentralen Nervensystems und einigen weiteren Organen. Zellen des Herz-Kreislauf-Systems weisen ebenfalls einige CB1-Rezeptoren auf. Die CB2-Rezeptoren finden sich eher auf Zellen des Immunsystems sowie im Verdauungstrakt, den Augen und Knochen. Aufgrund dieser weiten Verteilung könnten Cannabinoide bei dementsprechend vielen Beschwerden helfen [3, 4].

Die psychoaktive Wirkung von THC wird damit erklärt, dass es affin an den CB1-Rezeptoren (im zentralen Nervensystem) bindet, mit einer Affinität von 1 als Vergleichswert [5]. Somit ist THC ein Agonist des CB1-Rezeptoren. CBD dockt eher schwach an den CB1-Rezeptoren an und löst dementsprechend keinerlei psychoaktive Wirkung aus, die Affinität liegt weit unter 1. Darum kann CBD der THC-Wirkung die Schärfe nehmen, indem es CB1-Rezeptoren besetzt, die ansonsten von THC besetzt worden wären. Darum kategorisiert man CBD als einen Antagonisten von CB1-Agonisten.

CBD dockt stattdessen lieber agonistisch an CB2-Rezeptoren an. Da sich diese Rezeptoren bspw. auf Zellen des Immunsystems finden lassen, erklärt man sich hiermit zum Teil die entzündungshemmende Wirkung von CBD [6]. Entzündungen werden über das Autoimmunsystem vermittelt. 

Heute wird medizinisches Cannabis hauptsächlich zur Schmerzbehandlung eingesetzt, gefolgt von der Tumorbehandlung. Weitere häufige Einsatzbereiche sind:

  • Spastiken

  • Multiple Sklerose

  • Anorexie

  • Depressionen

  • Übelkeit / Erbrechen

  • Migräne

Das zeigt erneut, welch weiten Einfluss das Endocannabinoid-System auf den menschlichen Organismus hat. Im Übrigen sind Endocannabinoid-Systeme in allen Säugetieren vorzufinden.

Medizinisches Cannabis: Die Qualität macht den Unterschied

   

Medizinisches Cannabis kann zum einen in anderen Darreichungsformen als herkömmliches Cannabis vorliegen. Sativex® ist bspw. ein Mundspray, welches zur Therapie von Multipler Sklerose verschrieben werden kann, um die Spastiken zu lindern. Dieses Mittel ist nicht frei verkäuflich, weshalb es dem medizinischen Cannabis zuzuordnen ist. Gleiches gilt etwa für das Fertigarzneimittel Canemes, welches den Wirkstoff Nabilon enthält und bei Übelkeit und Erbrechen während einer Chemotherapie eingesetzt werden kann. Diese besonderen Darreichungsformen unterscheiden medizinisches Cannabis von herkömmlichem Cannabis.

Nabilon ist übrigens synthetisches Delta-9-THC. Die Struktur ist also identisch mit natürlichem Delta-9-THC, nur mit dem Unterschied, dass Nabilon synthetisch hergestellt wird. Dieser synthetische Wirkstoff ist somit dem medizinischen Cannabis vorbehalten.

Der wichtigste Unterschied liegt jedoch in der Qualität, die bei medizinischem Cannabis bzw. Cannabisblüten und -ölen viel besser ist. 

Die Wirkung von medizinischem Cannabis entspringt hauptsächlich den Cannabinoiden. Terpene können über den Entourage-Effekt zusätzlich die Wirkung beeinflussen. Ein besonderes Augenmerk legen Hersteller von medizinischem Cannabis jedoch auf den Wirkstoffgehalt an THC und CBD. 

Darum gibt es für den gesamten Herstellungsprozess von medizinischem Cannabis strenge Regeln, etwa was Anbau, Trocknung und die weitere Verarbeitung angeht. Medizinisches Cannabis darf etwa keinerlei Pestizide oder weitere unverträgliche Zusätze enthalten. Zudem muss es bspw. in einer sehr sauberen Umgebung hochgezogen werden, damit keinerlei Verunreinigungen möglich sind. 

Wurden diese strengen Regeln eingehalten, erfolgen Untersuchungen für die Zusammensetzung und den Wirkstoffgehalt des Pflanzenmaterials. Somit soll die erwünschte Wirkung sichergestellt werden. Schwankungen in der Qualität werden minimiert. 

Das schlussendliche Ziel ist, die Dosierung für eine gewisse Wirkung (möglichst ohne Nebenwirkungen) genau zu erreichen. Medizinische Cannabispatienten werden langsam an die Einnahme von Cannabispräparaten herangeführt. Anfangs werden bspw. sehr langsam geringe Dosen konsumiert, damit der Patient ein Gefühl für die Wirkung entwickelt. Würde nun die Zusammensetzung andauernd variieren, wäre es faktisch unmöglich, die therapeutisch wirksame Dosis zu verabreichen. Die hervorragende Qualität von medizinischem Cannabis macht also den Unterschied und ermöglicht erst den therapeutischen Nutzen.

Achtung: Medizinisches CBD und frei verkäufliches CBD

In manchen Fällen verschreiben Ärzte Präparate, welche CBD enthalten. Dann ist von medizinischem CBD die Rede. Sollst du zur Behandlung einer Krankheit medizinisches CBD einnehmen, solltest du dieses auch aus Cannabis Apotheken beziehen. Frei verkäufliches CBD, wie es bspw. in CBD Ölen vorliegt, kann Qualitäts- und Wirkstoffschwankungen aufweisen. Die Untersuchungen und gesetzlichen Regelungen sind nicht derart streng wie bei medizinischem CBD. Erneut macht also die Qualität den Unterschied.

Ist medizinisches Cannabis gleich medizinisches Cannabis?

   

Nein, die einzelnen Präparate und Darreichungsformen können sich natürlich unterscheiden. Bereits vor der Legalisierung von Medizinalcannabis 2017 konnten Fertigarzneimittel unter bestimmten Umständen verschrieben werden. Diese gibt es noch heute als Sprays oder Kapseln, die oral eingenommen werden. Hier konnte wahlweise ein Cannabis-Extrakt vorliegen, welches aus der Cannabispflanze gewonnen wird, oder synthetisch hergestelltes THC. Synthetisch hergestelltes Delta-9-THC bezeichnet man als Nabilon.

Seit 2017 ist Medizinalcannabis in der Form getrockneter Blüten erlaubt. Cannabis-Vollspektrumextrakte wurden im gleichen Zuge legalisiert. Diese enthalten das gesamte Spektrum an Inhaltsstoffen, welche die Cannabispflanze aufweist, weshalb du bspw. den Entourage-Effekt genießen kannst.

Übrigens: Denke bitte nicht beim Begriff „synthetisches THC” an synthetische Cannabinoide! Synthetische Cannabinoide sind eine Vielzahl an Cannabinoiden, welche teilweise extrem aggressiv auf die Cannabinoid-Rezeptoren einwirken können und darum extrem gefährlich sind. Teilweise binden synthetische Cannabinoide tausendfach stärker als Delta-9-THC an die CB1-Rezeptoren. Synthetisches Delta-9-THC ist im medizinischen Gebrauch ungefährlich, weil es chemisch exakt dem natürlichen Delta-9-THC gleicht. Den Unterschied machen die fehlenden weiteren Pflanzenstoffe wie die Terpene oder Flavonoide, die in einem Hanfextrakt enthalten sind.

Augen auf bei der Wahl der Strains

Wer Cannabisblüten konsumiert, kann zwischen zahlreichen Strains bzw. Sorten aussuchen. Diese tragen Namen wie:

  • Sour Kush

  • Gorilla Glue

  • Zour Apple

  • Ghost Train Haze

  • Jack Herer

  • White Widow

  • El Jefe

  • California Orange

Sie stellen unterschiedliche Kreuzungen und haben folglich verschiedenes Erbgut. Sie produzieren dementsprechend unterschiedliche Mengen an Cannabinoiden, Terpenen, Flavonoiden und weiteren sekundären Pflanzenstoffe. Darum unterscheiden sich die Pflanzen auch im Wuchsverhalten, der Wirkung und dem Geschmack bzw. Aroma. Mit deinem behandelnden Arzt zusammen wirst du ausarbeiten, welche Darreichungsform für dich am besten ist, damit du das richtige medizinische Cannabis kaufen kannst. Sind es Cannabisblüten, wird dein Arzt dir natürlich bei der Wahl des richtigen Strains helfen.

Grundsätzlich unterscheidet man zwischen Sativas und Indicas, wobei die meisten Sorten mittlerweile Kreuzungen darstellen. Darum spricht man auch von Sativa- bzw. Indica-dominanten Strains. Indicas werden öfter zur Behandlung von Insomnie, Schmerzen und Muskelspastiken eingesetzt. Man sagt ihnen eine eher beruhigende Wirkung nach, während Sativas eher stimmungsaufhellend und belebend wirken sollten. Darum sollen sich diese bspw. zur Behandlung von Übelkeit und Erbrechen empfehlen. Da jedoch mittlerweile fast nur Kreuzungen vorliegen, solltest du die Wahl des Strains mit deinem Arzt angehen.

Folgende Hersteller dürfen im Übrigen zurzeit in Deutschland medizinisches Cannabis anbieten:

  • 420 Pharma

  • Aurora Cannabis

  • Bedrocan

  • Cannamedical

  • Cannamedical / MedReleaf

  • Drapalin

  • Heyday

  • Klenk

  • Natural Pharma

  • Peace Naturals

  • Tweed

  • Tilray / Aphria

Wann wird medizinisches Cannabis eingenommen?

Die Liste an Krankheiten und Beschwerden, bei denen medizinisches Cannabis helfen könnte, wird dauerhaft länger. Wissenschaftlich belegt ist etwa, dass Cannabis mit THC und CBD bei Schmerzen, Spastiken, Übelkeit und Erbrechen durch Zytostatika helfen kann. Als wahrscheinlich stuft man eine Wirksamkeit gegen Appetitlosigkeit, Schizophrenie, Morbus Parkinson, Tourette-Syndrom, Kopfschmerzen (Migräne), einigen chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen und Epilepsie ein. Für weitere Anwendungsbereiche wie medizinisches Cannabis gegen Depressionen ist die Forschung nicht eindeutig, weshalb weitere Studien und Untersuchungen für Aufklärung sorgen müssen. Ärzte, die Cannabis verschreiben, leisten hierzu einen wichtigen Beitrag.

Fazit: Die Unterschiede zusammengefasst

   

Abschließend liegt der größte Unterschied in der Qualität der Präparate. Medizinisches Cannabis wird sehr genau überprüft und getestet, damit keine Überraschungen eintreten können. Darum lässt sich bspw. eine therapeutisch wirksame Dosis sehr genau einnehmen, insbesondere mit Kapseln und Ölen. Herkömmliches Cannabis schwankt oft im Wirkstoffgehalt und der Qualität, egal ob es auf legalen oder illegalen Märkten erworben wird.

Zudem gibt es gewisse Darreichungsformen und Präparate, welche nur Cannabispatienten zugänglich sind. Hier sind etwa die Fertigarzneimittel zu nennen. 

Da es viele verschiedene Strains und Darreichungsformen gibt, solltest du mit deinem Arzt zusammen herausfinden, welche für dich am besten sind. Jede Darreichungsform und jeder Strain beweist seine ganz eigenen Vorteile.

Dieser Artikel dient nur allgemeinen Informationszwecken und beabsichtigt nicht, eine medizinische Behandlung in irgendeiner Form zu fördern und ist kein Ersatz für die Konsultation eines professionellen Arztes. Bitte wenden Sie sich an Ihren Arzt, um eine persönliche medizinische Beratung zu erhalten. Für einen medizinischen Rat sollten Sie immer den Rat eines Arztes oder eines anderen qualifizierten Gesundheitsdienstleisters einholen.

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